Wertvolle Patientenrückmeldungen
Text: Daniel Göring, Fotos: Sandro Hügli
«Ich wurde bei Ihnen im Spital am Rücken operiert. Alles verlief gut und ich kann auch die Pflege und Fürsorge durch das Personal der Abteilung als sehr kompetent bewerten. Entsprechend verlief der Genesungsfortschritt. Einen Schreck erlebte ich jedoch, als ich mich das erste Mal im Spiegel sah. Auf beiden Gesichtshälften hatten sich von den Pflastern, mit denen der Beatmungsschlauch befestigt war, rote Flecken auf meiner empfindlichen Haut gebildet.»
Piroschka Scheurer nimmt einen Anruf entgegen. Patienten-Rückmeldungen sind wertvoll. Nur so kann in Erfahrung gebracht werden, wo Verbesserungen möglich sind.
Handgeschriebene Briefe und Google-Rezensionen
Diese Sätze finden sich in der Rückmeldung einer Patientin an das Spital Interlaken. 2022 sind dort und im Spital Frutigen rund fünf Dutzend Reaktionen zu verschiedenen Themen eingegangen. Bei knapp 10’000 stationär und 66’000 ambulant behandelten Patientinnen und Patienten beläuft sich der Anteil der Personen, die Kritik äusserten, auf abnormale Vorkommnisse hinwiesen oder Verbesserungsvorschläge einbrachten, auf weniger als 1 Promille.
Die Rückmeldungen trafen per E-Mail, Brief, Telefon oder über das elektronische Patientenformular ein. Bis zu einem Viertel der Reaktionen erfolgte durch Briefe, mehrere davon noch von Hand geschrieben, wie Piroschka Scheurer erzählt. Sie ist Direktionsassistentin und zusammen mit zwei Kolleginnen zuständig für die Behandlung der Rückmeldungen. Eine zunehmende Tendenz weisen laut ihr die Rezensionen über Google auf. Im vergangenen Jahr habe sich deren Zahl auf ein gutes Dutzend belaufen.
Wartezeiten als Kritikpunkt
Am häufigsten bemängelten Patientinnen und Patienten, dass die Wartezeiten in ihrer Empfindung zu lange gewesen waren. Am zweitmeisten Rückmeldungen lösten Missverständnisse in der Kommunikation zwischen Patientinnen und Patienten sowie den behandelnden Fachpersonen aus. Und auf dem dritten Platz der «Kritik-Hitparade» landete der Informationsfluss zwischen den verschiedenen Abteilungen im Spital, der in der Wahrnehmung der Patientinnen und Patienten nicht immer gewährleistet war.
Gerade bei den Wartezeiten auf dem Notfall stellen Piroschka Scheurer und ihre Kolleginnen fest, dass den Patientinnen und Patienten rascher als früher die Geduld ausgeht. «Das liegt vielleicht daran, dass unsere Gesellschaft schnelllebiger geworden ist und die Leute deshalb auch in einem Spital mehr Tempo erwarten.»
Bis zu einem Viertel der Patienten-Reaktionen erfolgt durch Briefe, mehrere davon sind noch von Hand geschrieben.
Verbesserungen vorgenommen
In der Antwort an die Patientinnen und Patienten müssen die Mitarbeitenden des Direktionssekretariats manchmal einfach um Verständnis bitten, wie Piroschka Scheurer festhält. Etwa wenn eine Behandlung auf der Notfallstation wegen einer hohen Anzahl weiterer Fälle nicht rascher habe abgewickelt werden können. Das gleiche Ziel verfolgt übrigens ein Erklärvideo, welches seit Mitte letzten Jahres auf einem Bildschirm im Notfallzentrum läuft. Darin erfahren die Patientinnen und Patienten in zwei Minuten, welche Gründe es haben kann, dass ihre Behandlung länger auf sich warten lässt.
Bisweilen können die Mitarbeiterinnen des Direktionssekretariats Patientinnen und Patienten aber auch mitteilen, dass das Spital dank ihrem Hinweis Verbesserungen vorgenommen hat. Wie beispielsweise nach der eingangs zitierten Reklamation der Patientin wegen den Heftpflastern. Piroschka Scheurer erwähnt, dass unterdessen in der Vorbereitung von Operationen, die eine Vollnarkose erfordern, generell hautverträgliche Pflaster zum Einsatz kommen.
«Es ist wichtig, dass wir erfahren, wenn etwas nicht funktioniert hat.»
Dankbar für Reaktionen
Ist es für die Mitarbeiterinnen des Direktionssekretariats nicht mühsam, sich immer wieder mit den Beschwerden von Patientinnen und Patienten herumschlagen zu müssen? «Nein», lautet die dezidierte Antwort von Piroschka Scheurer. «Die Rückmeldungen der Patientinnen und Patienten haben ihre Berechtigung. Sie sind wertvoll, denn es ist wichtig, dass wir erfahren, wenn etwas nicht funktioniert hat. Wir wollen ja an der ständigen Verbesserung arbeiten.»
Auch das medizinische Fachpersonal sei dankbar für die Reaktionen. «Dadurch bietet sich ihm die Chance, allfällige Schwachpunkte zu erkennen und gewisse Abläufe zu optimieren.» Am Schluss sei es das Ziel aller Mitarbeitenden, ihren Teil beizutragen, damit Patientinnen und Patienten der Spitäler fmi AG die bestmögliche Behandlung erhielten, betont die Direktionsassistentin.
Piroschka Scheurer ist 27-jährig und wohnt auf dem «Bödeli» in Interlaken. Sie hat bereits ihre Ausbildung zur Kauffrau im Spital Interlaken absolviert und ist dem Betrieb seither treu geblieben. In ihrer Freizeit wirkt Piroschka Scheurer als Kunstturnleiterin des Damenturnvereins Interlaken. Zudem ist sie oft mit ihren zwei «Strassenmischung»-Hunden unterwegs und liest sich kreuz und quer durch ihre Bibliothek. Diese umfasst über 160 Bücher.
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