Fünf Tipps für mentale Stärke am Arbeitsplatz
Autorin: Gabriela Vrecko, Fotos: Shutterstock/Sandro Hügli
Mit dem Bike rauf auf die Tschentenalp, die schöne Aussicht geniessen – und kurz vor der Abfahrt zur Schermtanne rasch die Arbeitsmails checken und beantworten. Oder den Mittagsschlaf der Kinder nutzen, um die im Büro liegengebliebenen Aufträge abzuarbeiten. Die Grenzen zwischen unseren Lebensbereichen verschwimmen immer stärker. Dieses Hin- und Herschalten der Aufmerksamkeit ist sehr aufwändig und beanspruchend. Als Folge davon nehmen in der Schweizer Bevölkerung Symptome wie Schlafstörungen, Ängste und mentale Erschöpfung zu.
Absenzen belasten alle
Die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ist in der Schweiz noch ein relativ neues Thema, aber ein relevantes – schliesslich sind hierzulande mehr als zwei von drei Personen erwerbstätig. Dr. med. Thomas Ihde, geschäftsführender Chefarzt Psychiatrie der Spitäler fmi AG und Präsident von Pro Mente Sana, setzt sich seit Jahren damit auseinander. Er kennt die Studien zum Thema und hat langjährige Praxiserfahrung im Berner Oberland. Auch national ist er ein gefragter Redner, insbesondere in grossen Unternehmungen. Denn psychische Erkrankungen haben häufig längere Absenzen und neben menschlich belastenden Situationen auch Leistungs- und Ertragsausfälle zur Folge.
Prävention ist nicht schwierig
Es gibt Möglichkeiten, das alles zu vermeiden. Langjährige Studien aus Kanada zeigen: Es gibt relevante Gesundheitsfaktoren, welche die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz positiv beeinflussen. Ein typisch schweizerischer Wert gehört schon mal dazu – Höflichkeit und Respekt.
Hier fünf Tipps von Dr. med. Thomas Ihde, wie Sie langfristig mental gesund und leistungsfähig bleiben:
Aktive Erholung
Auch wenn es verlockend ist, die Erholung vor dem Fernseher bringt leider wenig. Körperliche Bewegung und Aktivität sind ein notwendiger Gegenpol zur heutigen Überreizung in unserer temporeichen Arbeitswelt. Aktiv zu sein macht Spass und stützt nachweislich das seelische Gleichgewicht.
Balance der Lebensbereiche
Heute können wir problemlos am Sonntagmorgen noch schnell zehn Minuten unsere Arbeitsmails durchschauen und die dringendsten beantworten. Dieses kurze Hin- und Herschalten der Aufmerksamkeit ist aber energetisch sehr aufwändig. Besser ist es, vorausschauend zu planen, so dass es gar nicht nötig ist, während dem Wochenende oder den Ferien Mails zu lesen.
Regelmässig «niksen»
Niksen heisst auf Holländisch «Nichtstun» und propagiert einen entspannten Lebensstil. Er beschreibt die Fertigkeit, mal gar «niks» zu tun. Und mit «niks» ist auch das Smartphone gemeint. Wann haben Sie das letzte Mal einfach 10 Minuten einen Kaffee oder Tee genossen und dazu nichts anderes gemacht als die Gedanken schweifen lassen? Eben!
Höflichkeit und Respekt
Damit wir uns am Arbeitsplatz wohlfühlen und aktiv einbringen, ist ein höfliches und respektvolles Miteinander wichtig. Gerade in zeitkritischen oder stressigen Situationen können unbedachte Worte fallen. Damit sich diese nicht schleichend festsetzen, ist es wichtig, bei respektlosen Äusserungen rechtzeitig zu intervenieren und die Menschen darauf anzusprechen.
Passung
Ein wichtiger Faktor ist, dass die Anforderungen unserer Arbeitsstelle auch den eigenen entsprechen. Liebe ich den Kontakt mit Menschen oder bevorzuge ich die Arbeit mit Zahlen? Führe ich gerne ein Team oder arbeite ich lieber selbständig? Je mehr wir uns überwinden und verbiegen müssen, umso anstrengender und ermüdender wird unser Arbeitsleben. Wenn der Job nicht mehr passt, ist es besser, sich einen neuen zu suchen.
Zur Person
Dr. med Thomas Ihde ist geschäftsführender Chefarzt und leitet seit 2007 die Psychiatrie der Spitäler fmi AG. Er ist verheiratet, Vater eines 20-jährigen Sohnes und wohnt abwechselnd in Interlaken und in der Nähe von Edinburgh. Zur Psychiatrie fand er durch eine Arbeit, die er als Student der Kunstgeschichte über Künstler mit psychischen Problemen schrieb. Nebenberuflich ist Ihde Präsident der Stiftung Pro Mente Sana, die sich für die psychische Gesundheit in der Schweiz einsetzt.
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