Chefarzt und Teamplayer zugleich
Text: Daniel Göring, Fotos: Sandro Hügli
Vor wenigen Minuten ist seine Schicht auf der Notfallstation zu Ende gegangen. Zu behandeln hatte Markus von Gradowski unter anderem eine Fliegenpilzvergiftung, einen Magen-Darm-Infekt und ein akutes Nierenversagen. «Mir gefällt das breite Spektrum der Fälle, mit denen wir konfrontiert werden», erklärt von Gradowski in seinem Büro, vor sich ein aufgeräumter Arbeitstisch.
Der Betrieb auf einem Notfall ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Im Anschluss an seine medizinische Grundausbildung arbeitete er während zehn Jahren als Notarzt in Deutschland. Von Gradowski legt noch aus einem anderen Grund besonderes Gewicht auf die Notfallmedizin: Sie gehört für ihn zum Rückgrat eines kompletten Regionalspitals.
In Frutigen angekommen
Vor gut einem dreiviertel Jahr hat Markus von Gradowski die Funktion des Chefarztes Innere Medizin im Spital Frutigen übernommen. Er fühlt sich wohl hier: «Ich bin angekommen», hebt er hervor, «nicht nur vom Gefühl her, sondern auch, was die Abläufe anbetrifft.» Zuvor war er beruflich zwischen der Surselva und dem Berner Oberland hin- und hergependelt.
Für Dr. med. Markus von Gradowski (links) ist Teamwork wichtig. Hier bespricht er auf dem Notfall Frutigen mit einem Assistenzarzt einen aktuellen Fall.
Nach anderthalb Jahren als Leitender Arzt Medizin und Kardiologie am Regionalspital Surselva in Ilanz hatte er 2018 die Chefarzt-Stelle im Spital Zweisimmen angetreten, um vor zwei Jahren etwas Neues zu wagen und im Bündnerland eine Hausarztpraxis zu übernehmen. Dort habe er zwar seine «eigene, eine menschliche Medizin» umsetzen können, wie von Gradowski betont, jedoch bald gemerkt, dass ihm die frühere Spitaltätigkeit und – kein Wunder bei seinem Werdegang – die Notfallmedizin fehlten.
Durch die Pensionierung des langjährigen Chefarztes Innere Medizin Marco Negri wurde Anfang Jahr im Spital Frutigen eine auf ihn zugeschnittene Stelle frei. Eine Gelegenheit, die von Gradowski beim Schopf packte, auch weil seine Familie noch immer im Berner Oberland wohnte. Er bewarb sich – und erhielt den Zuschlag.
Patientenbedürfnisse im Mittelpunkt
In Frutigen hat er Strukturen und ein Team angetroffen, die ihm entsprechen: «Mir sind persönliche Abläufe sympathisch, ich mag es, wenn die Wege kurz sind und ich zu den Protagonisten ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann.» Er sieht sich denn auch nicht bloss als Chefarzt, sondern ebenso als Teamplayer: «Es braucht alle Mitarbeitenden, damit wir die Patientinnen und Patienten gut betreuen sowie deren Bedürfnissen entsprechen können.»
«Mir sind persönliche Abläufe sympathisch.»
Im Gegensatz zu den grossen Krankenhäusern mit ihren hochgradig standardisierten Abläufen bieten sich laut von Gradowski in einem Regionalspital noch Möglichkeiten, um auf die Eigenheiten der Patientinnen und Patienten einzugehen. Er propagiert denn auch eine Medizin, die sich auf den wissenschaftlichen Stand der Dinge abstützt, jedoch die Anliegen der Betroffenen stark mitgewichtet. «Nicht jede Behandlungsmethode passt für jeden Menschen in gleichem Masse. Oft sind Wünsche und Ängste vorhanden, denen wir so weit als machbar zu entsprechen versuchen.» Zudem legt er in seiner Sprechstunde im Stattmattehuus besonderen Wert auf Prävention und naturheilkundliche Methoden.
Dr. med. Markus von Gradowski in seinem Büro im «Stattmattehuus». Ihm ist der Einbezug der individuellen Anliegen der Patientinnen und Patienten sehr wichtig.
Altersmedizin ausbauen
Einen ersten Pflock hat Markus von Gradowski auf der Notfallstation eingeschlagen und die Notfallstandards des Universitätsspitals Basel übernommen. Diese erleichtern anhand einheitlicher Beschreibungen und Darstellungen von Krankheiten sowie Verletzungen eine rasche Diagnose und Therapie. Überdies gedenkt von Gradowski das Netzwerk mit den regionalen Hausärzten noch enger zu verweben und er will gegenseitige Weiterbildungsmöglichkeiten prüfen.
Durch die Standortentwicklung in Frutigen fügen die Spitäler fmi AG der medizinischen Gesundheitsversorgung im Berner Oberland einen gewichtigen Mosaikstein hinzu.
Ein weiteres Anliegen ist dem neuen Frutiger Chefarzt Innere Medizin der Ausbau der Altersmedizin, um den immer älter werdenden Menschen eine möglichst bedarfsgerechte Versorgung vor Ort bieten zu können. In diesem Kontext ist der Aufbau einer geriatrischen Akutrehabilitation vorgesehen, dies in enger Zusammenarbeit mit der Akutgeriatrie am Spital Interlaken unter der Leitung von Moritz Strickler.
Sie soll älteren Menschen erlauben, nach dem eigentlichen Spitalaufenthalt in der Nähe ihres Wohnorts eine Rehabilitation zu durchlaufen. «Wir unterstützen damit das Anliegen vieler Leute, die auch bei gesundheitlichen Einschränkungen so lange als möglich zu Hause bleiben wollen», erläutert von Gradowski. Er hofft, das Angebot in Frutigen bis Ende Jahr aufbauen zu können. Damit werde die wohnortsnahe Versorgung weiter gestärkt, so wie es die kantonale Gesundheitsstrategie vorsieht. Durch die Standortentwicklung in Frutigen fügen die Spitäler fmi AG der medizinischen Gesundheitsversorgung im Berner Oberland einen gewichtigen Mosaikstein hinzu.
Zur Person
Dr. med. Markus von Gradowski ist 49-jährig, verheiratet und hat zwei Kinder. Derzeit wohnt er mit seiner Familie in Heimberg, mittelfristig ist der Umzug in die Region Frutigen geplant. In seiner Freizeit treibt er gerne Sport, insbesondere Mountainbike fahren und wandern. Weiter ist er Mitglied eines Schützenvereins und betrieb viele Jahre Kampfsport.
Markus von Gradowski bezeichnet sich als gläubigen Menschen, dem ethische Werte wichtig sind. Er liest oft und viel, vor allem philosophische und soziologische Literatur. Zudem reist er gerne, zu seinen bevorzugten Destinationen gehören neben dem umliegenden Ausland Westafrika und Südamerika. von Gradowski ist auch leidenschaftlicher Koch, am liebsten bereitet er italienische und thailändische Gerichte zu.
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