Von der Lernenden zur Lehrenden
Text: Daniel Göring, Fotos: Bettina Grässli
Ramona Ritschard kommt von ihrem Frühdienst. Sie wirkt aufgeräumt und erzählt, dass sie eine Studentin begleitet hat, die sich in der Ausbildung zur Pflegefachfrau HF (Höhere Fachschule) befindet und im Spital Interlaken ihr abschliessendes Praktikum absolviert. Ramona Ritschard hat an diesem Morgen die Rolle einer Fachfrau Gesundheit eingenommen und die angehende Pflegefachfrau bei ihrer Arbeit als Teamverantwortliche in der Pflege unterstützt. Ramona Ritschard ist zufrieden mit der Studentin. «Sie ist auf gutem Weg, ich gehe davon aus, dass wir ihr beim Abschluss des Praktikums in zwei Wochen eine tadellose Qualifikation aussprechen können.»
Koordination und Begleitung
Ramona Ritschard ist Bildungsbeauftragte Pflege auf den Abteilungen für Chirurgie und Orthopädie im Spital Interlaken. Sie steht einem Team mit je zwei Praxisausbildenden vor. Das eine Duo betreut Lernende in der dreijährigen Berufslehre zur Fachperson Gesundheit, die anderen beiden kümmern sich um die Absolventinnen und Absolventen des weiterführenden Studiums zur diplomierten Pflegefachperson HF. Zum Studium gehören regemässige Praktika in Betrieben des Gesundheitswesens.
Auch als Bildungsbeauftragte auf den Abteilungen für Chirurgie und Orthopädie im Spital Interlaken steigt Ramona Ritschard immer wieder «in die Hosen».
Ramona Ritschard koordiniert zum einen die Einsätze der Praxisausbildenden, zum anderen steigt sie auch selbst «in die Hose» und begleitet Lernende sowie Studierende durch die Arbeiten mit Patientinnen und Patienten, aber auch bei den administrativen Aufgaben. Ziel ist, den Auszubildenden ausreichend Gelegenheit zu geben, neu erworbene Kompetenzen breit anzuwenden. Ein einfaches Beispiel dafür ist das Abnehmen von Blut für Untersuchungen. Unter den wachsamen Augen der Praxisausbildenden dürfen die Pflegenden in Ausbildung die Nadel bei Patientinnen und Patienten ansetzen und so ihr theoretisches Wissen aus der Schule im Alltag einsetzen.
Und dann besprechen Ramona Ritschard und ihr Team mit den Lernenden und Studierenden auch immer wieder das Verhalten und Vorgehen in Alltagssituationen. Dadurch können die Auszubildenden ihre fachlichen, persönlichen und sozialen Kompetenzen laufend erweitern und sich für die vielfältigen Aufgaben in der Pflege sowie die damit einhergehende Verantwortung wappnen. Gegenwärtig betreuen Ramona Ritschard und ihr Bildungsteam elf Fachpersonen Gesundheit in Ausbildung und vier Absolventinnen des Studiengangs zur Pflegefachperson.
Funktion nicht gesucht
«Es ist eine sehr schöne Aufgabe, die Lernenden und Studierenden zu begleiten und ihnen etwas auf ihren beruflichen Weg mitzugeben», fasst Ramona Ritschard ihre Faszination für die Rolle der Bildungsbeauftragten zusammen. Dabei habe sie gar nicht nach der Funktion gestrebt, wie sie umgehend einräumt. Um nachzuschieben, dass sie bei ihrer Abschlussprüfung zur Pflegefachfrau HF auf die Frage der Expertin, wo sie sich in fünf Jahren beruflich sehe, ohne gross zu überlegen gesagt habe: «die Bildung».
«Es ist eine sehr schöne Aufgabe, den Auszubildenden etwas auf ihren beruflichen Weg mitzugeben.»
Und so sollte das mehr oder weniger dahingeworfene Wort zu einer Art selbsterfüllende Prophezeiung werden. Das letzte Praktikum ihres Studiums absolvierte Ramona Ritschard im Spital Interlaken, wo sie sich früher bereits zur Fachfrau Gesundheit hatte ausbilden lassen. Mit dem Diplom als Pflegefachfrau in der Tasche, blieb Ramona Ritschard 2016 gleich im Betrieb. Als drei Jahre später ihre Vorgängerin sie motivierte, den Job der Bildungsbeauftragten Pflege auf der Chirurgie und Orthopädie zu übernehmen, sagte sie ohne gross zu zögern zu. Um sich noch besser für die Aufgabe vorzubereiten, besuchte die neue Bildungsbeauftragte einen Kurs als Praxisausbildnerin.
Der Umgang mit den Lernenden und Studierenden macht Ramona Ritschard auch nach vier Jahren unverändert Spass. «Ich freue mich immer, wenn ich sehe, wie sie im Beruf wachsen.» Gleichzeitig bringe der Austausch mit den Auszubildenden auch sie selbst immer wieder weiter, hebt die Bildungsbeauftragte hervor. So habe sie durch die Aufgabe unter anderem ihre kommunikativen Fertigkeiten verbessern können. Besondere Freude empfand sie, als ihr die Lernenden und Studierenden eine wertschätzende Art attestiert hätten, wie sie Kritik anbringe. «Dieses Lob hat mich mega aufgestellt», bekennt Ramona Ritschard mit einem Lächeln.
Ramona Ritschard bespricht mit einer angehenden Fachfrau Gesundheit das Richten von Medikamenten. Sie freue sich immer, wenn sie sehe, wie Lernende im Beruf wachsen, sagt die Leissigerin.
Ausbildungszone geplant
Neben ihrer Aufgabe als Bildungsbeauftragte wälzt Ramona Ritschard zusammen mit der Bildungsverantwortlichen des Spitals derzeit Pläne, welche die Ausbildung in der Pflege am Spital Interlaken in Zukunft noch abwechslungsreicher und spannender machen sollen. Es geht um die Einrichtung einer eigenen Zone für die Ausbildung. Lernende und Studierende der Pflege sollen unter Aufsicht und begleitet von den Praxisausbildenden eine Zone mit einer bestimmten Anzahl Betten selbständig führen und die Patientinnen und Patienten betreuen können.
«Indem wir sie vermehrt mit Alltagssituation konfrontieren und bei der Erarbeitung von passenden Lösungsansätzen herausfordern, können wir die Kompetenzen unserer Auszubildenden nachhaltig stärken», zeigt sich Ramona Ritschard überzeugt. Das Konzept für die Ausbildungszone befinde sich derzeit in Arbeit, erklärt die Bildungsbeauftragte und hofft, dass die neue Ausbildungseinrichtung im Herbst 2024 in Betrieb gehen kann.
Zur Person
Ramona Ritschard ist Pflegefachfrau HF und Bildungsbeauftragte für die Pflege auf den Abteilungen für Chirurgie und Orthopädie im Spital Interlaken. Die 32-Jährige lebt mit ihrem Partner in Leissigen, wo sie die ruhige Wohnlage schätzt. Zum Haushalt gehören auch zwei Katzen und drei Geckos. In ihrer Freizeit ist Ramona Ritschard oft unterwegs, sei es auf dem Motorrad, sei es am nahegelegenen See. Sie besucht auch gerne Eishockeyspiele und mit Vorliebe Konzerte und Theater. Die stilistische Spannweite der musikalischen Aufführungen reicht von Pop-Rock à la Coldplay bis zu Jodlergesang.
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