Im Spital Kraft und Ausdauer trainieren
Text: Daniel Göring, Fotos: Louis Pasquier
Mit einer beschwingten Bewegung setzt sich Mathias Berger auf den Sitz des Ruderzugs. Er hält den elektronischen Badge an den Bildschirm des Fitnessgeräts. Es erscheinen die gespeicherten Angaben: 12 Wiederholungen mit einem Widerstand von 30 Kilogramm. Mathias Berger legt den Badge zur Seite, packt die beiden Handgriffe des Ruderzugs und beginnt sie in gemessenem Rhythmus zu sich zu ziehen und wieder in die Ausgangsposition zurückgleiten zu lassen.
Katharina Kuttenberger hält ihm die Hand zwischen die Schulterblätter und weist ihn an, den Oberkörper noch etwas aufrechter zu halten. «Der Rücken soll mitwirken und nicht die Bizeps die ganze Arbeit machen lassen.» Sie beobachtet die nächsten drei Züge von Mathias Berger, dann nickt die Physiotherapeutin anerkennend: «So ist gut. Jetzt entfaltet das Training seine volle Wirkung.»
Komfortzone verlassen
Etwa eine Minute später hat Mathias Berger das Dutzend Ruderzüge absolviert. Eine kurze Pause, ehe zwei weitere Serien folgen. Nach drei Umgängen werden die Muskeln ermüdet und der gewünschte Effekt erreicht sein: «Ziel des Trainings ist es, die Komfortzone zu verlassen», betont Katharina Kuttenberger, «nur so können die Muskeln an Kraft und Masse zulegen».
«Das Ziel des Trainings ist, die Komfortzone zu verlassen, nur so können die Muskeln an Kraft und Masse zulegen.»
Im Anschluss an den Ruderzug will sich Mathias Berger die Beinpresse vornehmen, die Maschinen für Abduktoren und Adduktoren sowie Sensopro, ein Gerät, das wie ein Käfig aussieht und dessen Standflächen aus Gummibändern bestehen. Damit lassen sich sowohl das Gleichgewicht als auch die Koordination trainieren.
Rücken stärken
Mathias Berger ist seit vergangenem Herbst regelmässig an den Geräten der Medizinischen Trainingstherapie im Spital Frutigen anzutreffen. Nach einer Rückenoperation hatte der Arzt dem Patienten zuerst Physiotherapie verschrieben, ihm jedoch bald darauf geraten, ergänzend seine Muskeln durch Krafttraining zu stärken und so den Rücken zusätzlich zu stabilisieren.
Die moderne Trainingsinfrastruktur steht auch Personen ohne ambulante oder stationäre Behandlung im Spital zur Verfügung.
Seither führt Mathias Berger zweimal wöchentlich seine Übungen an den Geräten durch. Bis zu eineinhalb Stunden wendet er dafür auf. Gründlichkeit und Konsequenz sind ihm wichtig, denn sie garantieren eine anhaltende Wirkung. Die medizinische Therapie hat er vor kurzem abgeschlossen, doch das Krafttraining führt Mathias Berger unverdrossen fort: «Ich habe gemerkt, dass nicht nur mein Rückenleiden zurückgegangen ist, sondern ich allgemein mehr Kraft habe und beweglicher geworden bin.» Das spüre er sogar, wenn er seine Lieblingssportarten ausübe: «Ich fühle mich beim Joggen oder auf dem Rennvelo stärker als zuvor.» Das Strahlen in seinem Gesicht ist unübersehbar.
Für alle geeignet
Ohne dass er darum gebeten worden wäre, hat Mathias Berger mit seinen Worten eine Feststellung untermauert, die Katharina Kuttenberger kurz zuvor in einem Gespräch gemacht hat: «Die Medizinische Trainingstherapie ist für alle Menschen geeignet, die etwas für ihre Kraft und Beweglichkeit tun wollen.» Entgegen dem etwas sperrigen und nach klinischer Behandlung tönenden Namen bietet die Einrichtung mit den vielseitigen Geräten nicht nur Unterstützung in der Rehabilitation, sondern umfassende Trainingsmöglichkeiten.
Die Leiterin der Physiotherapie hebt zwei Merkmale der Medizinischen Trainingstherapie hervor: Zum einen passt eine Physiotherapeutin oder ein Physiotherapeut den Trainingsplan auf die persönliche Situation der Kundin oder des Kunden an. Zum anderen erhalten alle Trainierenden den Badge mit ihren gespeicherten Einstellungen, die jedes Gerät automatisch übernimmt. Anpassungen von Hand, bevor es mit den Übungen losgehen kann, erübrigen sich.
«Die Medizinische Trainingstherapie ist für alle Menschen geeignet, die etwas für ihre Kraft und Beweglichkeit tun wollen.»
Nach sechs Trainingsumgängen empfiehlt das System laut Katharina Kuttenberger den Nutzerinnen und Nutzern an jedem Gerät eine Kraftmessung. Gestützt auf das Ergebnis passt der Computer das Gewicht und die Anzahl Anwendungen an. «So wird sichergestellt, dass das Training in einem Bereich erfolgt, der die Muskeln dazu veranlasst, Zellen zu bilden und ihre Leistungsfähigkeit zu steigern.»
Mathias Berger hat inzwischen sein Programm absolviert. Rumpf, Rücken, Schultern, Oberarme und Beine sind «geschlaucht» und gestärkt worden. Er macht einen lockeren Eindruck, als seien die Übungen für seinen Körper keinerlei Anstrengung gewesen. Wie wäre es mit einer abschliessenden Einheit auf dem Ergometer oder Laufband? Mathias Berger schüttelt den Kopf: «Ausdauer trainiere ich nicht hier. Das mache ich auf der Strasse oder im Winter daheim im Büro mit dem Velo auf der Rolle.» Um mit einem Schmunzeln zu ergänzen: «Dann kann ich eine Netflix-Serie dazu schauen.»
Medizinische Trainingstherapie
Sowohl das Spital Frutigen als auch das Spital Interlaken verfügen über eine Medizinische Trainingstherapie. Die Einrichtungen für Kraft und Fitness sind öffentlich zugänglich. Neben individuellen, auf die körperlichen Bedürfnisse jeder Person abgestimmten Trainingsplänen bietet die Medizinische Trainingstherapie spezifische Trainingsmodule für Muskelaufbau, Fitness, Ausdauer, Figurentraining und Gewichtsabnahme, Athletik sowie Rehabilitation. Abonnemente können für drei, sechs oder zwölf Monate gelöst werden. Kundinnen und Kunden haben die Möglichkeit, ihr Abo während der halben Gültigkeitsdauer zu hinterlegen, wenn sie eine Trainingspause machen wollen. Am Spital Interlaken hat die Medizinische Trainingstherapie Anfang September 2024 neue Räumlichkeiten bezogen – ein Besuch lohnt sich.
Zur Person
Mathias Berger ist Bankkaufmann und wohnt mit seiner Partnerin in Aeschi bei Spiez. Der 38-jährige besucht seit einer Rückenoperation zweimal wöchentlich die Medizinische Trainingstherapie in Frutigen. Als «Bewegungsmensch», wie er sich selbst bezeichnet, joggt Mathias Berger zudem im Sommer gerne und ist mit dem Rennvelo unterwegs, im Winter verlegt er sich jeweils auf Langlauf und Tourenskifahren.
Zur Person
Katharina Kuttenberger leitet die Physiotherapie im Spital Frutigen. Die 32-Jährige ist Vorstandsmitglied von Physiobern, dem Kantonalverband von Physioswiss. In ihrer Freizeit ist sie häufig in Bewegung, am liebsten auf dem Rennvelo oder dem Mountainbike. Daneben wandert sie gerne und spielt Tennis. Ihre weiteren Hobbies sind Kochen und Gartenarbeit.
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