Hirnschlag – Rasches Handeln rettet Leben
Text: Spitäler fmi AG, Ersterscheinung im Gesundheitsmagazin Beo, Foto: Shutterstock
Diesen Tag wird Rosa L. wohl nie vergessen. Es war der 24. Dezember 2016, als sie zusammen mit ihrer Familie einen Apéro geniessen wollte. «Plötzlich gehorchte der rechte Arm nicht mehr, und ich konnte nicht mehr sprechen.» Ihre Angehörigen wussten sofort, auf was diese Symptome hindeuten könnten und wählten den Notruf 144, obwohl Rosa L. bereits eine Minute nach dem Ereignis wieder normal sprechen und auf Fragen antworten konnte, sich aber weigerte, «an Weihnachten in ein Spital zu gehen». Ihre Tochter blieb hartnäckig. Nur eine halbe Stunde später lag die 85-jährige Frau in der Notfallstation des Inselspitals, wo sie durch ein auf Hirnschläge spezialisiertes Team betreut wurde. Heute geht es Rosa L. gut, es sind weder Lähmungen noch sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen zurückgeblieben. Dies ist in erster Linie dem raschen Handeln ihrer Verwandten zu verdanken. Denn bei einem Hirnschlag zählt jede Minute.
Dritthäufigste Todesursache
In der Schweiz erleiden jährlich zirka 16 000 Patienten einen Hirnschlag. Er ist in den industrialisierten Ländern die dritthäufigste Todesursache, die zweithäufigste Ursache einer Demenz, die wichtigste Ursache einer Behinderung im Erwachsenenalter und die häufigste lebensbedrohliche neurologische Erkrankung. Jeder vierte Betroffene bleibt behindert und ist nicht mehr in der Lage, ein selbstständiges Leben zu führen. Studien und Umfragen zeigen, dass die Bevölkerung leider zu wenig über Risikofaktoren weiss und Warnzeichen und Symptome nicht genügend bekannt sind. Dies führt dazu, dass Betroffene das Spital häufig zu spät aufsuchen.
Ein Hirnschlag wird bei zirka 85 Prozent der Betroffenen durch einen plötzlichen Verschluss der Hirnarterie ausgelöst. Die Folge davon ist eine Minderdurchblutung von Teilen des Gehirns. Der Grund für die meisten Durchblutungsstörungen ist eine Arteriosklerose. Dabei kommt es zu Ab- und Einlagerungen von Fettstoffen in der Innenschicht der Arterie, wo diese zu sogenannten Plaques umgewandelt werden, welche die Blutgefässe verengen und den Blutfluss einschränken. Als weitere Risikofaktoren gelten unter anderem Bluthochdruck, Zuckerkrankheit (vor allem Diabetes mellitus Typ II), eine Herzkrankheit (beispielsweise Vorhofflimmern), erhöhte Blutfettwerte, Rauchen und Übergewicht.
Streifung kann Vorbote sein
Je nach Ursache, Ort des Geschehens werden verschiedene Arten von Hirnschlägen unterschieden. Der sogenannte ischämische Infarkt, der durch eine Thrombose oder Embolie ausgelöst wird, ist am häufigsten. Deutlich seltener ist eine Hirnblutung als Ursache oder eine Subarachnoidalblutung, bei der ein zum Hirn führendes Gefäss platzt. Vorbote eines Hirnschlags kann aber auch eine transitorische ischämische Attacke (TIA) sein, im Volksmund Streifung genannt.Dabei handelt es sich um eine kurze Durchblutungsstörung im Gehirn mit vorübergehenden Auswirkungen wie Lähmungs- oder Sprachstörungen. Dabei gilt: Auch wenn die Symptome nach kurzer Zeit wieder verschwinden, sollte man sie auf jeden Fall unverzüglich abklären lassen.
Symptome kennen und handeln
Je nachdem, welche Hirnregion von der Blutzufuhr abgeschnitten ist, kommt es zu verschiedenen Funktionsstörungen. Die Symptome eines Schlaganfalls treten plötzlich auf und sind meist gut erkennbar. Dazu gehören etwa einseitige Lähmungen, Gefühls-, Sprach- oder Sehstörungen (Sehen von Doppelbildern). Aber auch plötzlich auftretende starke Schwindelattacken oder eine Bewusstseinsstörung können auf einen Schlaganfall hindeuten. Äusserlich erkennbare Anzeichen sind beispielsweise herabhängende Mundwinkel oder eine gestörte Mimik in einer Gesichtshälfte. Betroffene und Angehörige sollten diese Symptome sehr ernst nehmen und sofort handeln. Der «FAST-Test» hilft ihnen, einen Schlaganfall zu erkennen.
Jede Minute zählt
Bei einem Schlaganfall ist Zeit das wichtigste Gut und rasches Handeln oberstes Gebot. Es gilt, die Blutversorgung innerhalb kurzer Zeit wiederherzustellen, da das Sterberisiko bzw. das Risiko für bleibende Schäden mit jeder Minute steigt. Daher zählt jede Minute. Denn nur Patienten, die zeitnah in einem Spital oder einem Stroke Center, einer Stroke Unit eintreffen, können adäquat behandelt werden, so dass die Sauerstoffversorgung im Gehirn wiederhergestellt werden kann, bevor es zum Absterben von Hirnzellen kommt. Zusammenarbeit mit Inselspital In Universitätskliniken oder grösseren Spitälern sind spezialisierte Teams zur Behandlung von Hirnschlag-Patienten tätig. Diese arbeiten in sogenannten Stroke Centers oder Stroke Units. Diese Einrichtungen verfügen über speziell ausgebildetes Personal und die nötigen technischen Einrichtungen, die eine sofortige Diagnosestellung und das Einleiten der geeigneten Therapiemassnahmen garantieren. Das Spital Interlaken, das jährlich rund 250 Hirnschlag-Verdachtsfälle abklärt, ist via Telemedizin mit dem Stroke Center Inselspital Bern verbunden. So kann die Diagnose zeitnah erfolgen und der Patient sofort vor Ort adäquat abgeklärt und behandelt werden. Wenn nötig wird die sofortige Verlegung in das universitäre Notfallzentrum organisiert.
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